Freitag, 8. August 2014

Kurzgeschichte #1 - Time runs out



“© VIKTOR HANACEK / PICJUMBO“ www.picjumbo.com

Ich ging zielstrebig weiter. Schnurstracks überquerte ich die Straße, huschte in eine dunkle Seitengasse und verschwand in dem Seiteneingang. Ich blinzelte. Es dauerte einige Sekunden bis sich meine Augen an das schummrige Dämmerlicht im Raum gewöhnt hatten. Ich sah mich um. In der Mitte des Zimmer stand ein großer, ovaler Tisch, der schon einige Jahrzehnte alt sein musste. Die Stühle standen kreuz und quer im Raum, einige waren auch nach hinten umgefallen. Auf dem Tisch standen Whiskygläser, die noch nicht ganz leer waren und es lagen Glasscherben unter einem Stuhl, die wohl zu einer leeren Schnapsflasche gehörten. Eine Jacke hing an dem einzigen Hacken an der Wand und ein Hemd  lag neben einem umgefallen Stuhl. Die einzige Lichtquelle war ein Kamin gegenüber der Tür und die Glut war noch nicht erloschen. Es war stickig. Es hing Zigaretten- und Tabakrauch in der Luft und man konnte den Geruch von Alkohol und Männerschweiß ausmachen. Der Raum war noch nicht allzu langer Zeit, in großer Eile verlassen worden.
"So knapp!", ich ärgerte mich über mich selbst. "Diese verdammten Mistkerle!" Ich zog mein Funkgerät aus seiner Halterung am schwarzen Diesel-Ledergürtel und meldete mich: "3214518". Stille. "Hatte ich mir das Kennwort von heute falsch eingeprägt?", fragte ich mich. Dann ein Knacksen am anderen Ende. "Zentrale. War die Mission erfolgreich, Agent Hendricks?" - "Nein, sie sind mir wieder knapp entwischt." Ich biss mir auf die Lippe. Das war jetzt schon das dritte mal, dass meine Mission gescheitert war und ein viertes Mal konnte ich mir auf keinen Fall erlauben. Ich war gut in meinem Job, sehr gut sogar, doch diese Kerle hatten es in sich. Sie waren informiert. Jedes Mal wussten sie schon bevor wir da waren, dass wir kommen würden und jedes Mal hatten sie ihre Spuren verwischt und alle Beweisstücke verschwinden lassen. "Okay. Over" Dieses Okay konnte alles bedeuten. "Okay da können Sie auch nichts dafür.", "Okay, wir wussten, dass sie ein nichtsnutziger Trottel sind.", "Okay, Sie hatten genug Chancen, ab jetzt übernimmt ein anderer Ihre Position." oder einfach "Okay". Woher sollte ich nun wissen, wie das "Okay" gemeint war? Ich beschloss diese Überlegungen auf heute Abend zu verschieben und beendete mit einem "Roger, Agent Hendricks over" den Funkkontakt. Ein letztes Mal lies ich meinen Blick durch den Raum schweifen, konnte nichts weiter auffälliges entdecken und ging zur Tür. Erneut betrat ich die dunkle Seitengasse. Trotz der brütenden Hitze, dem ekelerregenden Gestank der überfüllten Müllcontainer gegenüber und den vielen Autoabgasen der großen Stadt, versuchte ich einen halbwegs kühlen Kopf zu bewahren. Mein nächstes Ziel war diese Typen ausfindig zu machen. Ein erneutes Scheitern wäre fatal. Daran durfte ich gar nicht denken. Ich verbannte diesen Gedanken aus meinem Kopf und versuchte mich zu konzentrieren. Mein Auto hatte ich etwa zehn Minuten von hier entfernt geparkt. Viel zu weit weg an solch einem Hochsommer Tag. Ich beschloss die U-Bahn zu nehmen und das Auto später abzuholen. Schnell hastete ich die Treppe nach unten und löste ein Ticket. Es war voll hier. Mütter hasteten mit ihren Kindern zur nächsten U-Bahn, um sie im letzten Moment doch zu verpassen, Reisende mit ihren überdimensional großen Rucksäcken und Koffern rempelten die vorbeiströmenden Menschen an ohne sich zu entschuldigen und wurden dafür beschimpft und die Berufstätigen, in ihren schwarzen Anzügen, sprachen energisch in die Lautsprecher ihres Smartphones. Der Geräuschpegel war unglaublich. Ich fing grundlos an, genauso schnell zu meiner U-Bahn zu hetzen, nur weil alle anderen das auch so taten. Fast hatte ich mein Ziel erreicht, als auf dem Bahngleis gegenüber die U7 einfuhr und noch bevor sie komplett zum stehen gekommen war, gab es einen ohrenbetäubenden Knall und ich wurde nach hinten geschleudert. Mit dem Kopf schlug ich gegen eine Säule und blieb dort liegen. Schreie drangen zu mir. Mütter schrien nach ihren Kindern. Kinder weinten. Menschenmassen rannten in Panik versetzt zu den Ausgängen. Rauch versperrte mir die Sicht, es war Feuer ausgebrochen. Ohne einen Grund wusste ich, dass die Explosion durch eine Bombe verursacht worden war. Instinktiv wusste ich:" Ich hatte die Kerle gefunden." Der Wettlauf gegen die Zeit hatte begonnen. Dann fiel ich in Ohnmacht.

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